1923-1953

30 Jahre Vereins- und Familienbad


Erinnerungen von Eduard Weber zum 10-jährigen Jubiläum des Schwimmvereins und zur Einweihung des neuen Freibades am 21./22. Juni 1958.

Wenn sich die Leser dieser Zeilen an das Baden und Schwimmen in ihrer Jugendzeit erin-nern, dann denken die Älteren von Ihnen bestimmt an die Zeiten des wilden Badens in Bachläufen und Mühlenteichen des Amtsbezirkes Dornberg zurück.

Wie war es damals? Wenn wir uns heimlich mit dem Spaten eine etwas tiefere Stelle im Bachlauf buddelten, oder sogar noch etwas mehr riskierten und im Mühlenteich badeten, dann hatten wir unsere Kleidung stets zu einem Bündel zusammengeschnürt, um bei der meist anschließenden Flucht schneller davonlaufen zu können. Vor unserem damaligen Polizeidiener Caspar Steinkühler hatten wir ja ziemlich Respekt, der haute auch mal drüber, ehe er unseren Eltern eine Anzeige machte. Ohne weiße Ohren kam ich persönlich selten aus der Mühle in Babenhausen wenn ich Korn zum Mahlen hinbringen musste. Na, hieß es dann, du warst auch wieder bei den Jungens am Bach dabei, und Forellen habt ihr auch sicher wieder gefangen, was?

So war es in unserer Schulzeit. Als wir als Erwachsene aus dem 1. Weltkrieg in die Heimat zurückkehrten, sollte es anders werden. Da hatte sich unser Blick erweitert. Wir hatten gesehen, wie es in der größeren Welt aussah, wo es Badeanstalten und Freibäder an den Flussläufen gab und das Schwimmen Volkssport war. So reifte denn der Gedanke heran auch für Dornberg eine bescheidene Stelle einzurichten, wo wir den Schwimmsport in zweckmäßiger und denkbar unfallfreier Weise ausüben konnten, und außerdem eine Stätte zu haben, wo wir den Besitzern der Teiche und Wiesen keine Belästigung mehr waren.

Im Jahre 1923 war es dann nach längeren Verhandlungen soweit, dass wir in anerkennungswerter Weise mit Herrn Gustav Oberwittler einen Pachtvertrag über 10 Jahre abschließen konnten, wonach zunächst der Flössteich in der Nähe der Wertherstr. als Badeanstalt ausgebaut werden sollte. Eine Übernahme in öffentliche Hand (Gemeinde oder Amt) schied von vornherein aus, außerdem durften der Gemeinde keinerlei Kosten entstehen. Nur unter diesen Bedingungen kam der Pachtvertrag zustande. Als Vertragspartner zeichneten dann für die folgenden Jahre Herr Aug. Stockhecke und Eduard Weber im Nahmen der Interessengemeinschaft. So wandten wir uns dann mit einem Rundschreiben und mit einer Zeichnungsliste an die Einwohnerschaft des Amtsbezirks Dornberg mit der Bitte, Anteile in Höhe von 20 - 50 RM zu Monatsbeiträgen von 2 - 5 RM zu zeichnen. Dieser Aufruf wurde von allen Kreisen der Einwohner mit größtem Verständnis aufgenommen, so dass der bedeutende Betrag von 1.100,00 RM zusammenkam.

Nun wurden die ersten Arbeiten an dem vollständig zugeschwemmten Flößteich vergeben. Es entstand ein Schwimmbecken von 12,5 mal 25 Meter. Für die Nichtschwimmer wurde ein Planschbecken durch Selbsthilfe der Interessenten und Sportler geschaffen. Durch die günstige Staumöglichkeit konnte das Bad in 2 Meter Wassertiefe ohne Hilfsmittel voll und auch abgelassen werden. Leider konnten wir dem Wasser nicht die gewünschte Temperatur geben. Das war bedingt durch den Wasserverbrauch des Erdreiches und die Zuführung von Frischwasser. Das Bad blieb dadurch stets in besonderer Weise vom Wetter abhängig. Mittel für die Verrohrung des Bachlaufes waren nicht mehr vorhanden. Dadurch entstand in jedem Jahr eine sehr mühevolle Ausschlämmungsarbeit, die nicht nur Geld sondern auch viele Schweißtropfen kostete. Nach dem ersten Badejahr zeigte sich durch die starke Benutzung des Nichtschwimmerbeckens eine so starke Trübung des Wassers, dass wir uns auf allgemeines Drängen der Besucher entschließen mussten, das Nichtschwimmerbecken neu auszubauen.

Der neue Bauplan sah unter Berücksichtigung des vorhandenen Geländes ein 12,5 x 40 Meter Becken vor. Ein weiterer Pachtvertrag mit Herrn Landwirt Gustav Grewe brachte uns in entgegenkommender Weise eine beachtliche Vergrößerung des Geländes (Spielwiese von ca. 5000 qm). Durch den Benutzungspachtvertrag mit der "Freien Turn- und Sportvereinigung Jahn Dornberg" auf 10 Jahre mit einer einzuzahlenden Summe von 1.000,00 RM bekam das Bad einen weiteren günstigen Auftrieb. So wurde aus bescheidenen Wünschen und einem kleinen Anfang ein immer größerer Betrieb. Mit dem Ausbau des Nichtschwimmerbeckens im Jahre 1925/26, der einen Kostenaufwand von 2.113,00 RM aufwies, wurde dann auch ein Kassenhaus, sowie Garderobe und Zellenhaus errichtet.

In den folgenden Jahren wurde das Bad in der nun fertigen Form für die Öffentlichkeit in Betrieb gehalten. Die Verwaltung wurde ehrenamtlich ohne jegliche Vergütung durchgeführt. Die damaligen Bademeister bekamen 10 - 25% der Eintrittskarten und 10% vom Warenverkauf. Ohne die aufopfernden Leistungen der Sportler, sowie Lehrer mit ihren Schülern der Gemeinden Großdornberg und Babenhausen, bei den in jedem Frühjahr anfallenden Erdarbeiten (Ausschlämmen), hätte der Badebetrieb nicht aufrecht erhalten werden können.

Eine angenehme und fühlbare Unterstützung fand das Bad in der Gründung des Schwimmvereins Dornberg im Jahre 1927. Nun wurden auch Schwimmstunden abgehalten. Schwimmfeste mit sehr guter Beteiligung befreundeter Vereine fanden mit vollem Erfolg statt, ebenso Volksfeste des Vereinskartells in aufgebauten Zelten auf der Spielwiese. Wer erinnert sich nicht noch gerne dieser schönen Tage und Stunden der Geselligkeit. Sicher sind auch noch die Überwasserrennen der Radfahrvereine auf zusammengefügten Bohlen in bester Erinnerung. Wer denkt dabei nicht an die große Wasserballschlacht der beiden "Negervereine", wovon eine sogar aus "Liberia" gestammt haben soll. So wurde das Bad in all den Jahren durch größten Idealismus für den öffentlichen Betrieb offen gehalten.

Im Mai 1933 wurden durch Auflösung des Schwimmvereins Dornberg 1927 und des Vereinskartells dem Bad starke Stützen entzogen. Die Vereinsvorstände vermachten in dankenswerter Weise ihre Vermögen und Geräte dem Johannisbad Dornberg. So blieben diese Beträchtlichen Werte dem Volkssport in Dornberg erhalten und waren zum Jahre 1940 für das Bad eine Wertvolle Hilfe. Nach dem verlorenen 2. Weltkrieg war ein fälliger Verfall der Badeanstalt nicht zu verhindern, wozu die damalige Zerstörungswut erheblich beitrug. Das Zellenhaus wurde fast vollständig dem Erdboden gleichgemacht, sogar die Pflastersteine wurden gestohlen und sind sicher hier am Ort verbaut worden. Das Kassenhaus wurde wiederholt aufgebrochen, die Tür haben wir mehrmals aus dem Wasser geholt und wieder eingesetzt. Schränke und Türen wurden zu Brennholz zerschlagen. Das Kassenhaus selbst konnte mit Mühe gerettet werden und dient heute noch als Sanitätshütte. So standen wir 19848, als sich Freunde des Schwimmsports zusammenfanden, um über die Wiederinstandsetzung zu beraten, vor dem Nichts. Finanzielle Mittel waren nicht nenneswert mehr vorhanden. Von den Einnahmen aus den verflossenen Jahren waren die Pacht und der größte Teil der Darlehn zurückgezahlt . Das noch vorhandene Scheckkonto war durch die Währungsreform so zusammengeschrumpft, dass es zu keinem Anfang mehr reichte. Allgemein war man der Ansicht, dass es auf der alten Basis nicht wieder in Betrieb zu nehmen wäre.

Hier waren es dann in erster Linie die Vertreter der Gemeinde Hoberge-Uerentrup, die die Anregung gaben, einen Antrag an das Amt Dornberg auf Übernahme des Bades zu stellen. Im Januar 1948 stand dieser Antrag in der Amtsvertreterversammlung zur Debatte. Nach einleitenden Worten des derzeitigen Amtsbürgermeisters Hermann Tiemann und einer Ansprache des Vertreters der Badeanstalt Eduard Weber über Lage und Stand der Dinge, fand eine eingehende Diskussion statt. Sie führte zum einstimmigen Beschluss der Übernahme durch das Amt, unter der Bedingung, dass sich wie bisher die schwimmsporttreibenden Sportler bereitfänden, die Betreuung und Verwaltung des Bades zu übernehmen. Somit war nun der Weg frei zur neuen Tat. Im April wurde nach einer Vorbesprechung und Besichtigung der Badeanstalt zur Gründung eines Schwimmvereins Stellung genommen. Es wurde in der Gründungsversammlung am 29.4.1948 der "Schwimmverein Dornberg 1948" aus der Taufe gehoben. Eine große und schwere Arbeit lag wieder vor uns. Der enttäuschte Idealismus der Kriegsjahre musste wieder gehoben werden. Das Bad selbst lag nach all den Jahren trostlos vor uns. Doch mit viel Mühe und Fleiß gelang es, das Becken vom zugeflossenen Boden frei zu machen.

An dieser Stelle soll lobend der persönliche Einsatz des Amtsbürgermeisters Hermann Tiemann erwähnt werden, der trotz der wenigen vorhandenen Mittel es immer wieder verstand, die benötigten Baumaterialien zu beschaffen. Die weitere Instandsetzung blieb jedoch ein Provisorium, so dass für die Zukunft ein vollständiger Ausbau des Bades ratsam erschien. Dieser Wunsch wurde in jedem Jahr stärker. Doch so lange ein klappriger Wagen läuft, wird er weiterbenutzt. So ging es auch hier, sogar bis zum Jahre 1953. Dem Rest der Behelfsmäßigkeit gab uns dann der starke Winter, der unsere Uferbefestigungen zermürbte. Eine Kommission, beauftragt von der Amtsvertretung, besichtigte den Schaden. Bei dieser Gelegenheit wurde von den Vertretern des Schwimmvereins in der schon üblichen Bescheidenheit die notwendigen Erfordernisse zu einer völligen Überholung des Bades, oder aber, wenn auch mit schweren Herzen, eine Stilllegung vorgeschlagen. Doch diesmal bliesen die Vertreter des Amtes neuen Wind in die Segel. Mit den Worten: Nein, so mutlos wollen wir doch nicht werden. Griff gerade einer der Ältesten unter ihnen ein. Die Arbeit und Mühen der letzten 30 Jahre dürften doch nicht umsonst gewesen sein! In der nächsten Sitzung kam man dann überein keine Gelder mehr im alten Bad zu verbauen und die schon bewilligten Mittel in einem neu anzulegenden Stock anzusammeln, um ein neues Bad zu bauen. Die Jahre des Stilliegens der Badeanstalt mussten nun ertragen werden. Ein mühevoller Weg, aber einmütiger Wille zum Neuen lag vor den Amtsvertretern.

Soweit die Chronik über den Werdegang und die Entstehung des Johannisbades Dornberg. Ich darf wohl die Hoffnung aussprechen, dass diese, wenn auch nur sehr kurz gehaltenen Ausführungen, mit dazu beitragen, bei allen Einwohnern des Amtsbezirks Dornberg ein entgegenkommendes Verständnis für die Sache der Volksgesundheit, für Wasser, Luft und Sonne zu erwecken.

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